Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für Alleinerziehende ein fast nicht zu bewältigender Drahtseilakt. Denn wer finanziell nicht völlig absacken will, versucht täglich neben Kind und Haushalt noch eine Teilzeit- oder sogar Vollzeitstelle unterzubekommen. Selbständig arbeiten ist für viele ein zu hohes Risiko. Aber stimmt das?
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Alleinerziehende und der Arbeitsmarkt
Was bleibt, wenn der einst gelernte Beruf nicht mehr mit der Ein-Eltern-Familie in Einklang zu bringen ist? Passende Jobs gibt es leider nicht wie Sand am Meer und viele Personaler haben zu oft ein rotes Tuch vor Augen, wenn es um die Beschäftigung Alleinerziehender geht.
Zudem ist die räumliche Flexibilität bei Alleinerziehenden sehr eingeschränkt, will man das Kind nicht aus dem gewohnten Umfeld reißen. Und auch der Ex-Partner kann einen Umzug einfach unterbinden.
Teilzeit oder Vollzeit?
Neben diesen vielen Hürde muss die neue Stelle natürlich auch eine bessere Arbeitszeit, Bezahlung und einen möglichst kurzen Arbeitsweg haben, sonst bleibt ja wieder kein Geld und keine Zeit für die Familie übrig.
Aber gerade die klassischen Teilzeitstellen werfen meist nur wenig ab. Kommt noch die verflixt hohe Besteuerung für Alleinerziehende dank der Steuerklasse 2 dazu, sieht es am Monatsende finster aus. Von Rücklagen oder einer privaten Altersvorsorge ganz zu schweigen. Da grüßt die Altersarmut aus der Ferne.
Also gleich eine Vollzeitstelle suchen? Dann wäre vermutlich das Geldproblem gelöst. Muss es aber nicht. Denn Jobs mit Mindestlohn liegen trotz Vollzeit auf Hartz4-Niveau.
Zeit gegen Geld vs. Zeit fürs Kind
Wie viel Zeit bleibt fürs Kind in Vollzeit?
Die klassische Vollzeitarbeit liegt bei ca. 35–42 Stunden Wochenarbeitszeit. Zusammen mit Pausen und Anfahrtswegen ist man schnell ca. 10 Stunden seiner täglichen Lebenszeit los. Das hört sich bei 24 Stunden Kontingent nicht viel an, aber für Alleinerziehende mit kleinen Kindern ist das zu viel.
Denn kleine Kinder schlafen ca. 11 Stunden nachts. Rechnet man da die 10 Stunden für die Arbeit drauf, bleiben genau 3 Stunden gemeinsame Zeit.
3 Stunden für die Morgen- und Abendroutine inkl. Zeit für die Fahrten zur Kinderbetreuung. So hat man sich das Familienleben mit Kind nicht vorgestellt!
Ich habe zum Vergleich bei uns auf die Uhr geguckt: Morgens brauchen wir ab Wecken bis alle Kinder aus dem Haus sind genau 2 Stunden. Abends das gleiche Spiel. Macht zusammen 4 Stunden!
Das ist dann schon eine Stunde mehr, als Vollzeit arbeitende Alleinerziehende am Tag für die Familie haben. Da bleibt kein Platz für das Familienleben.
Das Zeit-Verhältnis bei Vollzeitarbeit
Täglich 10 Stunden Arbeit : 3 Stunden Familie
Wenn man es mal ganz hart formuliert, hat das Kind dann nicht nur den Vater verloren, sondern auch gleich noch die Mutter. Oder umgekehrt. Das Vollzeit-Arbeitsmodell ist überhaupt nicht auf alleinerziehende Familien zugeschnitten.
Aber was ist die Alternative? Einfach in den sauren Apfel beißen und das wenige Geld aus der Teilzeit akzeptieren? Oder gar nicht arbeiten und gleich von Hartz4 leben?
Das ist kein schöner Ausblick! Denn immer am unteren finanziellen Limit zu leben macht krank. Kein Geld zur Selbstentfaltung, Spaß oder mal Urlaub.
Mein Buchtipp:
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Die Alternative: Selbständig arbeiten
Selbständig arbeiten wird ja gerne in einem Atemzug genannt mit „Selbst und ständig“, „Keine Absicherung“ und „Prekäre Beschäftigung“.
Was ist eine prekäre Beschäftigung?
Prekär bedeutet, dass man schlecht entlohnt wird, kaum Arbeitnehmerschutz und wenig berufliche Perspektiven hat. Dazu zählen Minijobs, befristete Arbeitsverträge oder ein Leih- und Teilzeitarbeitsverhältnis. (Quelle)
Von einer Selbständigkeit kann ich in dieser Definition nichts sehen. Vielmehr trifft es auf die Beschäftigungsverhältnisse zu, in denen viele Alleinerziehende gefangen sind – aus Angst vor dem großen Schritt ins selbständig Arbeiten und immer noch auf das Beste hoffend. Man sei ja so besser abgesichert. Wer’s glaubt!
Selbständig arbeiten als Alleinerziehende
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es für den Schritt ins selbständig Arbeiten schon gut ist, die Risiken nicht außer Acht zu lassen. Aber sie sollten einfach nur als Hinweisschilder und nicht als Stopp-Schild angesehen werden.
Gute Vereinbarkeit von Familie UND Beruf
Denn selbständig Arbeiten bietet gerade Alleinerziehenden einen immensen Vorteil. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird plötzlich machbar. Ich selbst arbeite nur noch 3–4 Stunden am Tag und kann die Nachmittage komplett der Familie und auch mir widmen.
Meine Arbeitszeit ist flexibel gestaltbar, da ich ganze Projekte selbständig betreue. Ich habe als Designerin nur eine Timeline und ein Abgabedatum, an das ich mich halten muss. Und diese Termine sind natürlich vorher mit meinem Kalender abgestimmt und donnern nicht einfach so auf meinen Tisch.
Wie du auch in einer neuen Branche selbständig arbeitend Fuß fassen kannst, dass berichtet Charlotte Stuhlmann im Blogbeitrag: „Alleinerziehend und Pflegefachkraft – Mein Weg in die Selbständigkeit„
Gutes Einkommen und keinen Karriere-Knick
Finanziell geht es mir mit dem selbständigen Arbeiten eigentlich seit Beginn gut. Das liegt daran, dass ich mein Einkommen selbst bestimme und in keine Gehaltsverhandlung muss. Darin war ich nämlich immer sehr schlecht – so wie viele Frauen!
Klar muss man seinen Wert am Markt erst einmal kennen und wissen, was für das eigene Angebot gezahlt wird. Aber je spezialisierter man ist und je zufriedener der Kunde ist, desto eher akzeptiert er auch einen höheren Preis. Und zwar direkt und nicht erst in der nächsten Gehaltsrunde. Meine Arbeit ist also direkt leistungsbezogen, auch wenn sie nach Stunden oder Tagen abgerechnet wird.
Weiterbildung zum Selbstzweck
Ich kann mich zudem stetig weiterentwickeln und weiterbilden. Dazu muss ich nicht erst warten und hoffen, dass mein Chef mir das Projekt zutraut. Oder für die Firma irgendwelche Zertifizierungen durchlaufen.
Aber wer sich nicht weiterbildet bleibt als Selbständiger schneller auf der Strecke. Denn es sind keine Kollegen mehr im Hintergrund, die das Fehlende schon irgendwie abfedern können. Wenn es eng wird, kann ich Wissen natürlich auch über andere Personen einkaufen, aber das schmälert meinen Gewinn.
Ist der Kunde zufrieden, kommen mehr Aufträge
Fast noch wichtiger als das Know-How ist die Kommunikation mit den Kunden. Dazu braucht es eine freundliche und wertschätzende Kommunikation. Und auch eine gute Rechtschreibung! Schließlich muss sich der Kunde in der Zusammenarbeit wohlfühlen, sonst ist er weg. Andersrum empfiehlt er mich auch gerne weiter. Das bedeutet direkt mal dickere Auftragsbücher.
Kundenbindung und „Kundenerziehung“
Hier liegt aber auch eine Gefahr für Selbständige. Wie weit muss man dem Kunden seine Wünsche erfüllen, damit er bleibt? Und ab wann ist bei mir Schluss mit dem Service-Gedanken?
Ein Beispiel:
Wenn ein Kunde meint, dass er mich um 16 Uhr briefen kann und dann bis 18 Uhr am gleichen Tag ein Ergebnis hat, dann ist er bei mir an der falschen Adresse. Das muss aber noch nicht das Ende unserer Geschäftsbeziehung sein.
In so einem Fall setzt bei mir die „Kundenerziehung“ ein. Denn mit einer freundlichen, aber bestimmten Kommunikation kann man Kunden ein Stückweit lenken und ihnen verdeutlichen, was für eine gegenseitige langfristige Geschäftsbeziehung okay ist und was nicht.
Auf keinen Fall selbst und ständig
Denn meine Lösung darf nicht lauten, dass ich mich jederzeit und sofort für den Kunden an die Arbeit mache. Dann laufe ich Gefahr, dass der Kunde immer zu kurzfristig brieft. Und das ist nicht im Interesse meiner Lebensqualität.
Online-Mahnverfahren hilft bei Nichtzahlern
Das ein Kunde mal nicht zahlt, passiert jedem Selbständigen. Daraus entsteht aber noch keine finanzielle Schieflage oder das Aus. Denn es gibt für solche Fälle eine sehr unkomplizierte Lösung: Das Online-Mahnverfahren.
Damit lassen sich Gelder relativ unkompliziert eintreiben, kann aber unter Umständen etwas dauern. Deshalb ist es immer besser mehrere Kunden zu haben und bei großen Projekten regelmäßig Zwischenrechnungen zu stellen. Denn das Gehalt kommt nicht automatisch am Monatsende. Auch wer seine Einnahmen und Kosten nicht überblickt und seinen Stunden- oder Tagessatz zu niedrig kalkuliert, kann Geldprobleme bekommen.
Das ist trifft aber nicht nur auf das selbständige Arbeiten zu, da besonders die als sicher empfundenen Minijobs, Teilzeit- oder Leiharbeitsstellen bei vielen Alleinerziehenden jeden Monat für eine finanzielle Schieflage sorgen.
Keine Panik vor schlechten Monaten
In jeder Branche gibt es das Sommerloch oder das Winterloch – sprich: Monate, in denen zu wenige oder keine Aufträge reinkommen. Dann heißt es nicht gleich Panik schieben, sondern diese Zeit für Akquise, Weiterbildung und Marktbeobachtungen nutzen. Selbständig arbeiten erlaubt aber auch komplett eigene Projekte wie diesen Blog, um Lücken zu füllen 😉
Um schlechte Zeiten zu überbrücken am besten am Anfang der Selbständigkeit den Gürtel so eng wie möglich schnallen und ein Finanzpuffer aufbauen.
Das AE-Team – der positive Podcast für Alleinerziehende
Sina und ich haben in unserem gemeinsamen Podcast eine spannende Folge über das Thema Beruf & Alleinerziehende gemacht. Hier findest du unser gesammeltes Wissen.
Selbständig Arbeiten – die Nachteile
Organisation und Weitsicht sind wichtig
Für mich liegen die Vorteile des selbständigen Arbeitens klar auf der Hand. Aber: Man muss effektiv arbeiten. Gerade das häusliche Umfeld lässt einen doch gerne mal noch schnell die Wäsche machen oder aufräumen. Zack ist der Arbeitstag weg.
Als Selbständige ist man alleine für seine Arbeit und die Ergebnisse verantwortlich und bleiben die Aufträge weg, gibt es keinen Abfindungs- oder Entlassungsplan. Da ist keine soziale Verträglichkeit.
Auch Krankheits- und Urlaubstage müssen elegant gelöst werden. „Ich bin dann mal weg“, ist keine Option. Denn dann ist es der Auftrag auch.
Selbst für sich sorgen samt Altersvorsorge
Wer bis jetzt nur in Festanstellung gearbeitet hat, für den ist die Selbstverantwortung eine Umstellung. Und Selbständige zahlen auch nur in seltenen Fällen Geld in die Rentenversicherung ein.
Allerdings vergessen auch viele Festangestellte gerne: Jeder in Deutschland braucht eine private Altersvorsorge. Der Staat bezahlt später nur noch einen Bruchteil dessen aus, was wir zum Leben brauchen. Mehr dazu erfährst du in meinen Blogbeitrag „Altersvorsorge und Rente kurz erklärt„.
Einer Alleinerziehenden in Teilzeit- oder auch Vollzeit bleibt oft zu wenig Geld übrig für eine zusätzliche private Absicherung im Alter.
Selbständig arbeiten – mein Fazit:
Dank moderner Business-Netzwerke wie XING kommen immer mal wieder Recruiter auf mich zu und wollen mir mit irgendwelchen Obstkörben oder Tischkickern die Festanstellung schmackhaft machen.
Was bin ich froh, dass ich diesen Menschen freundlich absagen kann. Alleine der Gedanke mich wieder jeden Tag in Schale zu schmeißen und einen ganzen Tag fremdbestimmt arbeiten zu müssen, macht mich schwummerig. Mit Kind? Eine undenkbare Lebenssituation!
Wieso sollte ich meine Selbständigkeit tauschen wollen?
Mein finanzielles Standbein steht fest und ich habe eine private Altersvorsorge. Ich liebe meine Kunden und freue mich über unsere langjährigen Geschäftsbeziehungen.
Und das Allerbeste: Ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen meinen Kindern gegenüber. Denn ich bin da. Keins meiner Kinder muss bis zum letzten Stündlein in Hort oder Kita ausharren. Mein Schulkind sitzt jeden Mittag mit mir am Esstisch, und zur Not kann ich auch schnell ein krankes Kind von Schule oder Kita abholen. Die verlorene Arbeitszeit hole ich dann ausnahmsweise abends auf.
Spätestens seit ich Alleinerziehende bin, danke ich meiner Intuition dafür, dass sie mich direkt nach der Elternzeit in die berufliche Selbständigkeit gelotst hat. Das war eine der besten Entscheidungen in meinem Leben!
Mehr über die gute Vereinbarkeit von Arbeit, Familie, Zeit und Geld, dass erfährst du im Blogbeitrag „Arbeiten darf leicht sein“.
Mein neues Projekt für dich „Arbeiten wie ich will“
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Und ja, du darfst deine neue Arbeitswelt mit gestalten. Wenn du Lust auf metaphysische Einblicke in deine beste und wertigste Art zu arbeiten haben möchtest, dann schau dir das einmal genauer an: arbeiten-wie-ich-will.de
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