Wochenende. Freizeit. Urlaub. Diese Wörter klingen so verheißungsvoll nach Freiheit und Selbstbestimmung. Einfach den Kühlschrank plündern und auf der Couch rumhängen. Oder rausgehen, was erleben. Einfach den eigenen Gedanken nachhängen. Irgendwann wird das in der Freizeit auch wieder so sein. Nur nicht jetzt als Alleinerziehende.
Der Graus vorm Wochenende
Es ist Freitag und meine Kollegen wünschen mir „Ein schönes Wochenende!“. Bei den nett gemeinten Worten zieht es mir schon halb die Schuhe aus. Es warten Wäscheberge einer ganzen Woche auf mich, dazu zwei kleine Kinder, die sich ohne Betreuung spätestens nach dem Samstagvormittag zanken, dass sich die Balken biegen. Vom Lagerkoller nach einem ganzen Tag daheim mal ganz zu schweigen. Freizeit ist das nicht.
Freizeit bei Alleinerziehenden
Wochenende, Feiertag, Urlaub – diese Begriffe müssen inhaltlich umdefiniert werden. Im Prinzip schwenke ich von einer Arbeitswoche mit täglich 6-stündiger Kinderbetreuung (dank Kindergarten) ab Freitag Nachmittag um in den Vollzeitjob Familie ohne Freizeit oder Zeit zum Luftholen dazwischen.
Freitags freue ich mich noch über die Abwechslung und darüber den bezahlten Job für zwei Tage ruhen lassen zu können. Spätestens am Sonntag freue ich mich schon über den Montag. Darüber wieder Anerkennung für meine Arbeit zu bekommen, keine Streits mehr schlichten zu müssen und wieder für ein paar Stunden meine Ruhe zu haben, und dabei konzentriert zu arbeiten.
Warum der Job nach Wellness schmeckt
Gegenüber dem Wochenende ist Arbeiten für mich als Alleinerziehende oft die reinste Wohltat. Und zwar nicht, weil ich eine ruhige Kugel im Büro schiebe. Sondern weil ich als Selbständige wieder das Gefühl habe ein Teil der Gesellschaft zu sein und mein Können unter Beweis stellen zu können. Denn Alleinerziehende sind oft bestens organisiert und problemlösend orientiert.
Große Kundenprobleme sind eigentlich winzig klein und schnell aus der Welt geschafft. Ein Kundentermin vor Ort ist für mich mittlerweile fast sowas wie ein Wellness-Aufenthalt geworden. Es geht höflich zu, es gibt Kaffee und wahlweise Kekse oder anderes Knabberzeug und auf der Fahrt dahin kann ich prima meinen Gedanken nachhängen oder die Musik – meine Musik! – so laut aufdrehen wie ich will.
Immer nur Arbeiten – das geht nicht gut
Und so wechselt sich – wenn man es positiv betrachtet – eine Freude die nächste ab. Freude aufs Wochenende und die bezahlte Arbeit ruhen lassen, und Freude auf die Arbeit und unbezahlte Arbeit mit den Kindern ruhen lassen. Hört sich nach viel Freude an? Wäre da nur nicht dieses Problem mit der Erholung.
Warum das Papa-Wochenende so wichtig ist
Es gibt eigentlich nur einen Zeitraum, der meiner persönlichen Erholung dient und wirklich Freizeit ist, und das ist das Wochenende, an dem die Kinder bei ihrem Vater sind.
Habe ich mir zu Beginn dieser Vater-Kind-Zeiten immer noch Gedanken gemacht, wie es den Kindern ohne mich geht, so verwandle ich mich heute ab Stunde Null, in der die Kinder abgeholt werden, wieder in den selbstbestimmten Menschen zurück, der ich einst war. Ich vertraue einfach darauf, dass das andere Elternteil seinen elterlichen Pflichten schon irgendwie nachkommen wird – Einzelheiten will ich auch gar nicht so genau wissen. Ist nicht mein Job.
Ab Stunde Null gibt es dann lustigerweise auch keine festen Essenszeiten mehr bei mir und gekocht wird nur was mir gefällt. Oder ich bestelle mir Essen beim Lieferservice und esse kalte Pizza zum Frühstück oder Chips oder Schokolade. Ich gucke vormittags Filme oder spiele stundenlang Handy-Games. Ich gehe ins Bad und bleibe da, ohne vom Gebrüll wieder aufgeschreckt zu werden. Manchmal verabrede ich mich auch und genieße jede Minute. Ich bin wieder eine Erwachsene in einer erwachsenen Welt. Nur eins klappt nicht mehr: Das lange Ausschlafen.
Das andere Ich und mein inneres Kind
Einmal habe ich mich über mich selbst erschreckt, als ich mich in meiner menschlichen Metamorphose bei einem Restaurantbesuch vom Kindergebrüll am Nebentisch gestört fühlte. Es ist ein bisschen wie die Verwandlung von Dr. Jekyll in Mr. Hyde.
Und die Kinder? Die vermisse ich in dieser Zeit selten. Zu groß ist das Bedürfnis nach mir und nach Freizeit. Zu groß das Bedürfnis, Exklusivzeit mit mir und meinem eigenen inneren Kindes verbringen zu können. Mein inneres Kind ist nämlich leider das älteste meiner Kinder und muss daher sehr oft Rücksicht auf seine jüngeren Geschwister nehmen.
Was ist das innere Kind?
Jeder von uns trägt sein inneres Kind in sich. Es ist das feinfühlige, optimistische Wesen, das wir in Kindertagen einst waren und was auch heute noch da ist. Nur viele von uns haben in der Zeit des Erwachsenwerdens verlernt diese Stimme zu hören und mit dem inneren Kind zu kommunizieren oder sich von ihm losgesagt. Dabei ist das innere Kind sehr weise und kennt auch unsere verborgenen Ecken besser als es uns lieb ist. Schließlich haben wir Dinge in uns vergraben, damit sie keiner sieht. Das innere Kind ist uns aber wohl gesonnen. Es will uns nichts Böses, bereitet uns aber Probleme, wenn wir ihm nicht helfen und in Verbindung mit ihm stehen.
Meine Leseempfehlungen:
Zwei Bücher Erika J. Chopich und Margeret Paul mit den Titeln Aussöhnung mit dem inneren Kind* und Das Arbeitsbuch zur Aussöhnung mit dem inneren Kind*
Der Weg zum inneren Kind…
Ich habe die Bücher selbst gelesen und mich erst sehr schwer damit getan, eine Verbindung zu meinem inneren Kind aufzubauen. Schließlich ist man als Alleinerziehende so sehr auf die Rolle des Erwachsenen geeicht. Man muss immer erwachsen und vernünftig sein, Regeln aufstellen und befolgen, Vorbild sein. Es gibt ja keinen zweiten Erwachsener in der Familie und deshalb bleibt das ganze Erwachsenen-Ding an einem selbst hängen. Ein Kind oder Kinder gibt es dafür auch ohne mich. Und so kommt es, dass man das eigene innere Kind überhaupt nicht wahrnimmt oder wahrnehmen möchte.
… und zu mehr Wohlbefinden
Dabei ist das innere Kind der Schlüssel zu mehr Wohlbefinden. Es hilft uns wieder unbefangener zu werden und die eigene naive Freude wieder zulassen zu können. Wir sind nicht nur Erwachsene. Wir brauchen auch dringend den Spaß und die Unbekümmertheit zurück.
Und so ist es bei mir mittlerweile sehr schön, wenn ich ungestört mit meinem inneren Kind Zeit verbringen kann. Hört sich jetzt irgendwie schizophren an, ist es aber nicht. Probier es einfach selbst aus. Versuche die innere kindliche Stimme zu hören und lerne dich dadurch viel besser von allen Seiten kennen. Dein inneres Kind hilft dir wieder Dinge zu finden, die dir wirklich Freude bereiten und es hilft dir auch bei der Vergangenheitsbewältigung. Das innere Kind bestärkt dich darin, dich zu akzeptieren wie du bist. Es kennt dich und hat dich (trotzdem) lieb.
Keine Durchhänger mehr in kinderlosen Zeiten
Ich höre es so oft von anderen Alleinerziehenden, dass sie, sind die Kinder aus dem Haus, in tiefe Löcher fallen und mit sich selbst nichts anzufangen wissen. Mir selbst ging es eine lange Zeit auch so. Man steht so unter Strom, dass jede Minute bestmöglich organisiert sein muss, dass es in der Freizeit schwerfällt loszulassen.
Im Alltag bleibt auch kein Platz für persönliche emotionale Probleme und so kommt die große dunkle Wolke zur besten Sendezeit über uns gekrochen. Das sind die Momente, in denen dein inneres Kind deine Aufmerksamkeit möchte und dich auf verschüttete Gefühle lenkt.
Ich freue mich mittlerweile immer sehr auf die gemeinsame (Aus)zeit in meiner Freizeit und mache schon früh Pläne. Und wenn die Zeit dann wieder zu Ende geht, dann freue ich mich wieder auf meine zwei Kinder. Und so wechselt eine Freude die andere ab.
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