Wie lebt ein alleinerziehender Vater mit seiner Familie?

Ein alleinerziehender Vater erzählt

Lieber Hendrik, 
ich freue mich sehr, dich als alleinerziehenden Vater für meinen Blog gut-alleinerziehend interviewen zu dürfen. Kennengelernt haben wir uns über die Gut alleinerziehend Mixed Facebook-Gruppe für alleinerziehende Mütter und Väter und ich möchte mich sehr herzlich bei dir bedanken, dass du diesem Interview zugestimmt hast.

Bitte stelle dich doch einfach kurz selbst vor. Seit wann bist du alleinerziehender Vater? Wie viele Kinder hast du und wer lebt in deiner Mini-Familie?

Also, ich bin der Hendrik, bin 38, lebe im Umland von Stuttgart und bin seit gut einem Jahr alleinerziehend. Meine beiden Kinder (m, 9 Jahre und w, 6 Jahre) leben bei mir. Mehr Minifamilie gibt‘s nicht, nicht mal Haustiere.

Alleinerziehender Vater im Interview
Die klassische Rollenaufteilung in der Familie gibt und gab es bei Hendrik nicht

Wie bist du alleinerziehender Vater geworden?

Die Beziehung zu meiner Noch-Ehefrau war schon länger nicht wirklich gut. Ganz klischeemäßig – zu unterschiedlich, zu wenig Kommunikation, auseinander gelebt. Sie fühlte sich schon länger nicht mehr wirklich wohl in unserer Familie.

Da ich ein sehr unkommunikativer Mensch bin, kann ich über ihre Gründe nur spekulieren. Dadurch hatte sich in den letzten Jahren schon so eine unterschwellige Spannung aufgebaut, was sicher auch die Kinder gespürt haben.

Dadurch war aber die letztendliche Trennung kein plötzliches Ereignis, sondern kam mit „Vorlauf“.

Vor gut einem Jahr war es dann der Entschluss meiner Frau auszuziehen, da ich mich praktisch seit Beginn schon mehr um die Kinder gekümmert hatte (auch aus beruflichen/finanziellen Gründen, da meine Frau besser verdient hat).

Wir sind aber nicht im Streit auseinander gegangen und verstehen uns gut, was den Trennungsprozess sicher erleichtert hat.


Kennst du schon den Podcast „Das AE-Team“?

In Folge 99 haben wir den alleinerziehenden Papa Alex zu Gast und klären Gemeinsamkeiten und Unterschiede von alleinerziehenden Väter und Müttern. Hör gleich mal rein:


Und weiter geht es mit Hendrik und dem Interview:

Wie alt waren deine Kinder bei der Trennung? Wie hast du die Trennungsphase mit beiden erlebt?

Unser Kinder waren sieben und fünf Jahre alt. Da sich die Trennung schon abgezeichnet hatte, haben wir etwas Ratgeberliteratur gelesen und uns auch mit entsprechenden Kinderbüchern ausgestattet.

Da wir immer ruhig und „erwachsen“ miteinander umgegangen sind, war auch das Gespräch mit den Kindern nicht sehr schwierig. Sicher, sie waren traurig und durcheinander, ganz klar. Aber ich denke, es hat ihnen sehr geholfen, dass sie in ihrem gewohnten Umfeld bleiben konnten und auch weiterhin mich als Haupt-Erziehungsperson haben.

Wie hat es dein persönliches Umfeld aufgenommen, dass du alleinerziehender Vater wirst?

Die paar engeren Bekanntschaften (wie gesagt, ich bin eher der Typ Einsiedler) kannten mich sowieso schon als den, der sich um die Kinder kümmert (Kita, Elternabende usw.). Sie haben mir Unterstützung und Hilfe angeboten, was mich sehr beruhigt.

Meine Familie (die leider weit weg wohnt) hat mich ebenso unterstützt, wo möglich. Andere alleinerziehende Väter kenne ich nicht näher. 

Ein alleinerziehender Vater erzählt aus seinem Leben
Papa, Kind, Kind – Hendrik ist alleinerziehender Papa und gibt Einblicke in sein Familienleben.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass eine Trennung nicht nur das eigene Leben durcheinander wirbeln kann, sondern dass auch Freundschaften neu sortiert werden. Hast du ähnliches in deinem Freundeskreis erlebt?

Die paar Freunde, die ich seit Schulzeiten habe, wohnen in meiner Geburtsstadt, bzw. überall verstreut. 

Die Trennung ist jetzt schon über ein Jahr her – aber sie wissen es noch gar nicht. Ich hab es noch nicht fertig gebracht, es auszusprechen. Nicht aus Scham, ich fürchte auch die Reaktionen nicht.

Eher das Gefühl, ihr Bild von mir zu beschädigen. Ich bin nach dem Wehrdienst weggezogen, hatte als erster Kinder und Frau – und jetzt das. 

Wie habt ihr den Umgang geregelt? Wie oft sehen deine Kinder ihre Mutter und wie handhabt ihr die Ferienzeit?

Da meine Frau in der Nähe wohnt (knappe halbe Stunde Autofahrt), ist der Umgang entspannt. Wir besuchen sie regelmäßig, mindestens wöchentlich. Da sie in einer kleinen Wohnung lebt und auch im letzten Jahr nochmal umgezogen ist, hat sich das Über-Nacht-bei-Mama noch nicht eingespielt.

Es passt wie es passt. Ich dränge sie nicht, wenn sie die Kinder mehr sehen möchte, darf sie das jederzeit.

Ich habe das Glück, zu 100% im HomeOffice arbeiten zu können. Daher bin ich nicht besorgt, ob und wie ich meine Kinder in den Schulferien betreut bekomme.

Wie gehen du und deine Ex-Frau mit der Verantwortung als Eltern weiterhin um – Stichwort Elternebene?

Ich habe praktisch alles an Terminen (Elternabend, Kinderarzt usw.) wahrgenommen, meine Frau unterstützt mich jedoch und passt zum Beispiel bei Elternabenden auf die Kinder auf.

Die Wahl der weiterführenden Schule für Kind Nr. 1 haben wir zusammen besprochen und sie ist auch am ganzen „Drumherum“ (Neuigkeiten aus der Schule, Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchnungen usw.) interessiert.

Väter sind in der Gruppe der Alleinerziehenden nur mit einem kleinen Anteil vertreten. 2019 waren 2,2 Millionen Mütter und 407.000 Väter alleinerziehend. Kannst du dir diese ungleiche Aufteilung erklären?

Quelle: Statistisches Bundesamt

Ich vermute dahinter die althergebrachten Rollenbilder. Und wenn das schon vor der Trennung so war, dass der Mann mehr arbeitete und die Frau sich mehr um Kinder und Haushalt kümmerte, fiele der komplette Wechsel des Alltags nach der Trennung wahrscheinlich noch schwerer. Zum einen in der Arbeitswelt, zum anderen auch in den Abläufen und Gewohnheiten der Kinder.

Insofern sehe ich mich da schon als Ausnahme. Bei uns hatte es sich so ergeben, dass ich „nur“ Teilzeit arbeite, weil meine Frau mehr verdient hat. Und ich hatte und habe keinerlei Probleme damit, für die Kinder da zu sein, statt mich um meine „Karriere“ zu bemühen.

Was machst du eigentlich beruflich und wie viele Stunden arbeitest du die Woche? Kannst du Familie und Beruf zeitlich und finanziell gut miteinander vereinbaren?

Ich arbeite im Kundenservice eines Onlinehändlers, in Teilzeit (ca. 45% = 16 Wochenstunden).

Auch schon vor Corona / HomeOffice war meine Arbeitszeit so ausgerichtet, dass ich für die Kinder da sein kann. Kind Nr. 1 war entsprechend in der Schülerbetreuung und der Kindergarten hatte recht lange auf (7:30-14:30 Uhr).

Sie sind zwar „erst“ Grundschüler, aber trotzdem selbständig genug, dass sie nicht permanent Betreuung brauchen. Insofern war auch das letzte Jahr mit den langen Schulschließungen gut zu bewältigen.

Mit meinem Gehalt, Kindergeld, Unterhalt, Wohngeld und Kinderzuschlag komme ich gut zurecht. Und, offen gestanden, verringert das meine Motivation, mehr zu arbeiten. Wenn ich mehr verdiene, wird das (zumindest anteilig) von den staatlichen Hilfen abgezogen. Warum soll ich also praktisch für den halben Stundenlohn arbeiten? 

Mit welchen Vorurteilen wirst du als alleinerziehender Vater konfrontiert?

Mir fallen keine ein.

Welche Vorteile siehst du im Alleinerziehend-Sein für dich und für deine Kinder?

Mir bzw. meiner Persönlichkeit kommt das Alleinsein durchaus entgegen. Wie schon geschrieben – Typ Einsiedler. Mir tut es gut, nicht ständig mit einem anderen Erwachsenen kommunizieren, erklären und mich absprechen zu müssen.

Ich tue, was ich kann und wie ich mag, um für meine Kinder da zu sein. Anregungen hole ich mir aus der Literatur (aktuell Nora Imlaus „Mein Familienkompass“*, was ich sehr interessant finde).

Ich spüre, dass ich entspannter und ausgeglichener bin, wenn ich meine Vorstellungen einfach umsetzen kann (wie z.B. die Fahrräder im Wohnzimmer zu reparieren).

Ich hoffe, dass meine gelassene Grundhaltung auch meinen Kindern gut tut, wenngleich ich meinen idealen Weg zwischen Strenge und freiheitlicher Erziehung immer noch suche.

Was bedeutet es für dich „gut alleinerziehend“ zu sein? Kommst du gut mit dieser Familienform zurecht? Was darf noch besser werden für dich, aber auch für Alleinerziehende in Deutschland allgemein?

Ob ich „gut“ alleinerziehend bin, kann ich nicht sagen. Es hat sich so ergeben und es ist gut, wie es ist. Ich würde vermutlich anders darüber denken, wenn ich in ernsthaften Schwierigkeiten wäre (Jobverlust, längere Krankheit o.ä.).

Was ich (auch für Familien allgemein) wirklich verbesserungswürdig finde, ist die (finanzielle) Förderung durch den Staat. Nicht unbedingt die Höhe, aber die Bürokratie abzubauen, wäre schon wahnsinnig hilfreich.

Jedes Jahr (mindestens) fünf Anträge, die teilweise voneinander abhängen, bei fünf verschiedenen Stellen – das ist so unnötig (und wäre vermutlich schon mindestens eine Folge Podcast wert). Kommentar von Silke: Lieber Hendrik, das nehme ich sehr gerne in die Themenliste für den Podcast auf 😉

Und natürlich das Thema Kinderbetreuung. Das leidige Thema „Kein Job ohne Betreuungsplatz und kein Betreuungsplatz ohne Job“ gehört wirklich angegangen. 

Wie stellst du dir dein Leben in den nächsten Jahren vor? Welche Veränderungen stehen ins Haus?

Ich gebe zu, ich plane wenig. Es kommt, wie es kommt. Kind Nr. 1 geht ab Herbst auf‘s Gymnasium, Kind Nr. 2 noch drei Jahre zur Grundschule.

Wann ich und meine Frau auch die juristische Trennung durchführen, ist noch nicht geplant. Es eilt nicht.

Mein langfristiger Plan ist es, in meine Geburtsstadt zurück zu ziehen. Meine Eltern wohnen dort und es ist das, was ich meine Heimat nenne, auch wenn ich jetzt schon genau so lange in / bei Stuttgart lebe.

Was möchtest du anderen alleinerziehenden Vätern mit auf den Weg geben?

Auch wenn ich selbst eher das Gegenbeispiel bin: Vernetzt euch, nehmt Hilfe an! Es ist einfacher, für seine Kinder da zu sein, wenn man nicht dem (gesellschaftlichen) Zwang erliegt, möglichst viel arbeiten zu müssen, um möglichst viel Geld zu haben, um irgendwelche Statussymbole (teures Auto, Urlaub, usw. usf.) zu erlangen, die eh keiner braucht.

Vielen Dank für die Gelegenheit, meine bescheidenen Ansichten teilen zu dürfen.

Lieber Hendrik, ich habe zu danken und freue mich sehr, deine Ansichten auf diesem Blog teilen zu dürfen. Ich wünsche dir und deiner Minifamilie alles Liebe und Gute für die Zukunft.

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