Der Kinderfreibetrag ist eine steuerliche Förderung, die man in Deutschland bekommt und die einige Fragen aufwirft – vor allem bei Alleinerziehenden. Denn beiden Eltern steht für ein Kind jeweils die Hälfte des Kinderfreibetrags zu. Aber was, wenn der andere Elternteil weder Kindesunterhalt zahlt noch Kinderbetreuung übernimmt? Dann ist dieses Steuergeschenk für Elternteile, die nur auf dem Papier existieren, doch ziemlich ungerecht, oder? Ganz genau. Daher lies dir diesen Beitrag genau durch, damit du weißt, wann du den Kinderfreibetrag komplett auf dich übertragen lassen kannst:
- Warum gibt es das Kindergeld und den Kinderfreibetrag?
- So funktioniert die Wechselwirkung zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag
- Die Besonderheit beim Kinderfreibetrag für Alleinerziehende
- Was wenn der andere Elternteil sich gar nicht kümmert?
- Welche Voraussetzungen braucht es für die Übertragung des Kinderfreibetrags?
- Wie kann man den Kinderfreibetrag auf sich übertragen lassen?
Warum gibt es das Kindergeld und den Kinderfreibetrag?
Das Erste, was du in Deutschland vom Staat zur Geburt bekommst ist kein Happy-Family-Begrüßungspaket, sondern die Steuer-ID des Kindes. Denn erst mit der Geburtsurkunde und der Steuer-ID des Kindes kannst du bei der Familienkasse den Antrag auf Kindergeld stellen. Es geht hier also um eine steuerliche Förderung.
Herr Bretzinger, wie werden Eltern bzw. Kinder steuerlich gefördert?
Kindergeld und Kinderfreibeträge sind die beiden Elemente beim Familienleistungsausgleich, durch die sich der Staat an den Kosten von Kindern beteiligt. Die Wechselwirkung dieser beiden Kernelemente ist aber nicht so einfach zu verstehen, weshalb wir weiter unten im Text näher darauf eingehen.
Aber auch bei den Kinderbetreuungskosten hilft der Staat mit steuerlichen Abzugsmöglichkeiten.
Wer ist Herr Bretzinger und woher stammt dieses Wissen?
Das möchte ich kurz erklären. Die Inhalte dieses Beitrags sind dem Rechts- und Finanzratgeber „Alleinerziehend auf der sicheren Seite“ entnommen, den ich zusammen mit dem Juristen Otto N. Bretzinger geschrieben habe. Die Inhalte sind vom Herausgeber Wolters Kluwer Steuertipps GmbH rechtlich geprüft.
So funktioniert die Wechselwirkung zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag
Das Kindergeld hat den Charakter einer monatlich vorab ausgezahlten Steuervergütung. Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung wird für jedes Kind ein Freibetrag berücksichtigt. Ab einem jährlichen zu versteuernden Einkommen bringt der Steuerfreibetrag eine höhere Steuerentlastung als das bereits ausgezahlte Kindergeld.
Wichtig zu wissen: Als Faustregel gilt, dass sich für Alleinerziehende der Kinderfreibetrag ab 30.000 Euro lohnt.
In diesem Fall erhalten die Eltern die zusätzliche Steuerentlastung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Ist dagegen die Steuerwirkung des Freibetrags – bei niedrigerem Einkommen – geringer als das Kindergeld, dann bleibt es beim Kindergeld, das heißt, jeder erhält im Endeffekt mindestens das Kindergeld.
Die Voraussetzungen für die Kinderfreibeträge sind identisch mit denen für das Kindergeld. Jeder Elternteil kann für das materielle Existenzminimum des Kindes einen Kinderfreibetrag von aktuell (2024) 3.192 Euro pro Jahr und für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes zusätzlich jährlich 1.464 Euro – insgesamt also 4.656 Euro – steuerlich geltend machen.
Gut zu wissen: Das Finanzamt muss die für die Eltern günstigere Variante wählen
Aber keine Angst, du musst jetzt selbst nicht ausrechnen, ob das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag für dich günstiger sind. Das macht zum Glück das Finanzamt und ist bei der Einkommensteuerveranlagung verpflichtet, die für den Betreffenden jeweils vorteilhafteste Variante zu wählen! Gute Nachrichten, oder?
Dennoch ist es für manche irritierend, dass im Einkommensteuerbescheid das Kindergeld auf die Einkommensteuererstattung angerechnet wird. Dies ist aber nur folgerichtig, weil die Steuerpflichtigen das Kindergeld bereits im Lauf des Jahres als Steuervergütung ausbezahlt bekommen haben, sodass sie nur noch einen Anspruch auf die restliche Steuererstattung haben.
Tipp: Wichtig ist hier dass du für jedes Kind die Anlage »Kind« der Steuererklärung sorgfältig ausfüllst!
Die Besonderheit beim Kinderfreibetrag für Alleinerziehende
Wie du vielleicht schon weißt, wird das Kindergeld nur an einen Berechtigten ausgezahlt. Bei getrennt lebenden Eltern ist dies der Elternteil, bei dem das Kind lebt.
Die Kinderfreibeträge stehen aber jedem Elternteil grundsätzlich je zur Hälfte zu. So kann jeder für das materielle Existenzminimum des Kindes den Kinderfreibetrag von 3.192 Euro pro Jahr und für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes zusätzlich jährlich 1.464 Euro abziehen.
Was wenn der andere Elternteil sich gar nicht kümmert?
Erfüllt einer der beiden Eltern seine Unterhaltspflicht für das Kind im Wesentlichen, während der andere sie nicht erfüllen kann oder will, so kann derjenige, der seinen Verpflichtungen nachkommt, beantragen, den Kinderfreibetrag von 3.192 Euro vom anderen Elternteil auf sich übertragen zu lassen.
Dagegen kann der andere Elternteil, der seiner Unterhaltspflicht gar nicht oder nicht ausreichend nachkommt, nicht widersprechen. Ausgeschlossen ist die Übertragung allerdings für Zeiträume, in denen Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.
Wenn Sie (fast) allein für Ihr Kind aufkommen, können Sie die Kinderfreibeträge des anderen Elternteils auf sich übertragen lassen!
Welche Voraussetzungen braucht es für die Übertragung des Kinderfreibetrags?
Die Unterhaltspflicht des Elternteils, bei dem das Kind wohnt, gilt durch die Pflege und Erziehung des Kindes stets als im Wesentlichen erfüllt. Der Elternteil, der barunterhaltspflichtig ist, erfüllt seine Unterhaltspflicht im Wesentlichen, wenn er mindestens 75 % des festgesetzten Barunterhalts tatsächlich zahlt.
Ist dies nicht der Fall, so erhält der Elternteil, der den Antrag gestellt hat, den verdoppelten Kinderfreibetrag von insgesamt 6.384 Euro. Dem anderen Elternteil steht dagegen kein Kinderfreibetrag zu und er verliert damit auch alle anderen kindbedingten Steuervergünstigungen.
Anders sieht es beim Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes aus. Hier wird in erster Linie darauf abgestellt, bei wem das Kind gemeldet ist. Bei minderjährigen Kindern kann der Elternteil, in dessen Wohnung das Kind gemeldet ist, beantragen, diesen Freibetrag auf sich übertragen zu lassen.
Achtung: Der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, kann dem Antrag des anderen Elternteils auf Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf widersprechen. Und zwar dann, wenn er selbst tatsächlich Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind in einem nicht unwesentlichen Umfang selbst betreut.
Wie kann man den Kinderfreibetrag auf sich übertragen lassen?
Sind die Voraussetzungen erfüllt, kannst du sowohl den Kinderfreibetrag, als auch den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf dich übertragen lassen. Wie das genau geht und wo du den Antrag stellst, das steht im Buch „Alleinerziehend auf der sicheren Seite“.
Hier findest du alle Infos zum Kinderfreibetrag und dessen Übertrag, sowie weiteres wertvolles rechtliches Wissen, echte Hilfe zur Selbsthilfe und sinnvolle Tipps und Tricks für alleinerziehende Eltern.
Der Ratgeber ist zudem klar und verständlich geschrieben mit vielen Praxisbeispielen aus zwei Perspektiven von Jurist Otto N. Bretzinger und der langjährig Alleinerziehenden mit eigener Community Silke Wildner.
Das sagen die Leser*innen
5,0 von 5 Sternen: Der Umfassendste Ratgeber auf dem Markt!
Das Buch ist das einzige Buch, was Du als (neue oder alte) Alleinerziehende brauchst. Es behandelt sowohl die rechtliche als auch und insbesondere die finanzielle Seite des Alleinerziehend-Sein und geht sogar – anders als andere Ratgeber – auf den Fall der Verwitwung ein. Zum Schluss werden noch wichtige von unwichtigen Versicherungen getrennt und selbst das steuerliche Thema wie auch das Thema Testament und Vorsorge als AE werden besprochen. Wie bei dem Verlag üblich, ist das Buch rechtlich sehr gut recherchiert, durchdacht und übersichtlich konzipiert, aber in diesem Fall zusätzlich noch mit praxisnahen Erfahrungen bestück. Ein grandioses Werk. 🚀🎉
5,0 von 5 Sternen: Klar, genau, umfassend, individuelles abdeckend
Dieser Ratgeber ist der Begleiter für Familien, die durch die Trennung gehen. Er übersetzt die Fachsprache in „Normalo“ und ist wirklich umfassend. Von den Themen Elternschaft werden sich Sorge- und Umgangsrecht, Finanzen, Förderungen, Vermögensbildung etc etc. etc. angesprochen. Sehr empfehlenswert!
5,0 von 5 Sternen: Pflichtlektüre für jede Alleinerziehende
Diesen Ratgeber kann ich nur jeder Alleinerziehenden dringend ans Herz legen! Wertvolle Informationen verständlich und praxisnah aufbereitet. Danke!
Über die Autorin Silke Wildner
Als alleinerziehende Mama gründete Silke Wildner 2018 den Blog „Gut alleinerziehend“ und die beiden dazugehörigen Facebook-Gruppen für guten Austausch und Vernetzung untereinander.
2018 fing sie an ihr erstes Buch „Gut leben als Alleinerziehende“ zu schreiben, das im Sommer 2019 veröffentlicht wurde. 2020 launchte sie zusammen mit Sina Wollgramm den Podcast „Das AE-Team – der positive Podcast für Alleinerziehende“ – der mittlerweile der größte und reichweitenstärkste Podcast für diese Zielgruppe ist.
2023 hat Silke Wildner u.a. zusammen mit Christina Rinkl die Mach mit Buchreihe „Allein mit Kind“ ins Leben gerufen, um unterschiedliche Einblicke in die individuellen und vielfältigen Lebenssituationen alleine mit Kind zu geben – und wie es dazu gekommen ist.
Mehr Gutes für Getrennt- und Alleinerziehende gibt’s im Podcast „Das AE-Team“
Im Podcast „Das AE-Team – der positive Podcast für Alleinerziehende und solche, die es werden (wollen)“ begegnest du uns, Silke und Sina. Wir sind zwei alleinerziehende Mütter, die beide ungeplant in die Situation gerutscht sind, als Single Moms ihren Alltag rocken zu müssen.
Es geht um Schwierigkeiten, besondere Herausforderungen, Rechte und Pflichten, vor allem aber um viel positiven Input und emotionale Unterstützung, wenn gerade niemand sonst da ist:
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