Kennst du den Betreuungsunterhalt? Nein? Dann bist du nicht allein, denn in letzter Zeit habe ich diese „Wissenslücke“ bei vielen Müttern in der Trennungsphase bemerkt. Leider geistert immer noch der Glaube umher, dass nur verheiratete Frauen Unterhalt für sich nach der Trennung bekommen können. Das dem nicht so ist, erklärt dir jetzt meine Podcast-Kollegin Sina von „Das AE-Team“. Denn sie hat selbst den Betreuungsunterhalt ausgezahlt bekommen.
Liebe Sina, ich freue mich sehr, dass du dich bereit erklärt hast, mir ein paar Fragen zum Thema Unterhalt zu beantworten – und zwar zum Betreuungsunterhalt. Denn in Gesprächen fällt mir auf, dass viele Mütter gar nicht wissen, dass ihnen und nicht nur ihrem Kind Unterhalt zusteht. Und zwar auch, wenn sie mit ihrem Partner bzw. dem Kindsvater nicht verheiratet waren.
Da du selbst die Erfahrung gemacht hast, wie es ist, in der Schwangerschaft verlassen worden zu sein und die erste Zeit mit Baby ganz alleine stemmen zu müssen, kannst du mit deinem Wissen bestimmt sehr vielen Müttern weiterhelfen.
Hallo Silke, vielen Dank für Deine Fragen 🙂 Der Betreuungsunterhalt ist identisch mit dem Trennungsunterhalt bei Verheirateten. Der Betreuungsunterhalt steht jeder Mutter zu, die ein Kind unter 3 Jahren hat.
Dies bedeutet, dass du auch als unverheiratete Mutter einer verheirateten Mutter gleichgestellt bist. Entsprechend muss der andere Elternteil dir Unterhalt zahlen, dafür dass du die Betreuung des Kindes übernimmst.
Jede Mutter, die ein Kind hat, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat und vom Kindsvater getrennt lebt, bekommt den Betreuungsunterhalt. Vorausgesetzt der Ex-Partner ist finanziell in der Lage, Unterhalt zu zahlen.
Leider gibt es keine Stelle, die hier einspringt, wenn der Partner finanziell nicht in der Lage ist den Betreuungsunterhalt zu zahlen. Beim Kindesunterhalt (nach Düsseldorfer Tabelle) ist dies anders – dort greift dann zumindest der (lächerliche) Unterhaltsvorschuss.
Am besten wird dies vom Anwalt berechnet, denn hierzu müssen alle Zahlen beider Elternteile offengelegt werden. Häufig wird die 3/7-Regel angewandt. Dabei wird die Differenz beider Einkommen genommen und mit 3/7 multipliziert.
Zudem muss beachtet werden, dass der Kindesunterhalt Vorrang hat. Hat der Ex also noch weitere Kinder, für die er Unterhalt zahlt, werden diese Leistungen abgezogen. So kann es passieren, das am Ende weniger Betreuungsunterhalt bleibt.
Das läuft ausschließlich über das Familiengericht. Hier besteht im übrigen auch Anwaltspflicht. ABER: Wer jetzt aus Angst vor hohen Anwaltskosten vor diesem Schritt zurückschreckt, den möchte ich beruhigen. Denn es gibt die Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (P&V).
Lass dich darüber bei einem Anwalt aufklären. Die P&V trägt die Kosten des Verfahrens. Wenn sich deine finanziellen Verhältnisse in den vier Jahren nach Urteilsverkündung verbessern, musst du allerdings deinen Teil der Verfahrenskosten in kleinen Raten zurückzahlen. Nach vier Jahren entfällt diese Rückzahlung.
Wenn beide Ex-Partner sich einig sind, lässt sich ALLES außergerichtlich klären. Allerdings gibt es dann auch keinen Titel. Und wenn es sich der andere dann doch anders überlegt, hast du keine Grundlage, auf der du das Geld einklagen kannst! Mit Anwalt außergerichtlich klären, ist die beste Option.
Zu lange. Eingeleitet wurde bei mir für den Betreuungsunterhalt alles im September 2016. Zum Prozess kam es im Januar 2018 und das war verhältnismäßig schnell! Der unterhaltspflichtige Elternteil musste dann zwar rückwirkend den Betreuungsunterhalt zahlen – nützt aber im ersten Moment recht wenig, wenn das Geld knapp ist.
Hier solltest du dein Umfeld mobilisieren und – auch wenn es dir schwer fällt – um (finanzielle) Hilfe und Unterstützung bitten. Denn das ist leider die Phase in der unser Staat komplett versagt. Ein echtes Armutszeugnis für ein so reiches Land.
Ich habe von Kindergeld, Elterngeld und später dem Betreuungsunterhalt gelebt. Obendrein habe ich direkt alle Verträge gekündigt und an allen Ecken und Enden gespart, wo ich nur konnte. Ich durfte in dieser Zeit lernen, wie ich mit 10 Euro über zwei Wochen komme – das geht, nennt sich dann aber Überleben und nicht Leben.
Ob man vom Betreuungsunterhalt leben kann, hängt vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils ab. Bei den meisten dürfte dies jedoch nicht der Fall sein. Daher wurde ich zum Glück durch meine Familie unterstützt, habe in dieser Zeit aber auch 14.000 Euro Schulden angesammelt – die ich nach der ersten Babyzeit relativ schnell wieder abbezahlt habe. Das hat aber nur so gut funktioniert, weil mein Sohn in die Kita ging und ich wieder arbeiten konnte.
Im Zweifel wäre mein Plan folgender gewesen: Ein-Zimmer Sozialwohnung mit dem Wissen, dass ich mich da wieder rausarbeiten kann, wenn mein Kind älter ist. Denn ich bin zu gut ausgebildet, um das nicht zu schaffen.
Wenn der Staat dich also hängen lässt in einer solch vulnerablen Situation, dann ist es absolut keine Schande, alles in Anspruch zu nehmen, was irgendwie geht. Selbst wenn du alles ausreizt, was staatlich zu holen ist, ist es immer noch der Staat, der sich schämen sollte!
Was dir als Alleinerziehende an Geld zusteht, erfährst du hier.
Mit der Geburt alleinerziehend: 3 wichtige Checklisten
Wie gerade geschildert hilft es da nur, andere Wege zu finden. Im Zweifel eben von staatlichen Hilfen leben, bis die eigene Lebenssituation wieder mehr Spielraum für den Lebens-Wiederaufbau zulässt.
Vielen Dank, liebe Sina, für diesen wunderbaren Einblick in deine Erfahrungen rund um den Betreuungsunterhalt.
Anmerkung: Der Betreuungsunterhalt steht natürlich auch getrennten Vätern oder gleichgeschlechtlichen Ex-Partnern zu, wenn diese die Betreuung des Kleinkindes bis zum 3. Geburtstag überwiegend übernehmen. Da aber statistisch fast immer die Mütter diese Aufgabe bei Babys und Kleinkindern auf sich nehmen, haben wir auf das Gendern im Text verzichtet. Holen wir aber gerne nach, wenn sich die Quote ändert 😉
Wer wie Sina schon ab der Geburt alleinerziehend ist, der findet in Sinas Ratgeber „Allein durch Schwangerschaft und erste Babyzeit: Ein Mutmach-Ratgeber für werdende Alleinerziehende“* weitere sehr wertvolle Inhalte und Tipps.
Wenn du mehr von Sina und mir erfahren möchtest, dann hör direkt in diese Folge rein 😉 Von zwei Alleinerziehenden für Getrennt- und Alleinerziehende! Du findest unseren Podcast übrigens überall, wo es gute Podcasts gibt!
Wenn du dich mit anderen Alleinerziehenden über die Trennung, Fragen zum Kindes- und Betreuungsunterhalt oder andere Themen austauschen möchtest, dann komm in diese geschlossenen Facebook Gruppen:
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