Familie

Der Wert der Mütter in der Krise

Durch den Beschluss der Landesregierungen Mitte März 2020 die Schulen und Kitas zu schließen, hat der Staat seinen gesetzlich verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrag, sowie die komplette Kinderbetreuung kurzerhand ins Private verschoben. Seitdem werden Millionen Mütter, Alleinerziehende und betreuende Väter täglich zusätzlich als Lehrer*innen und Erzieher*innen tätig – allerdings ohne Bezahlung und ohne Rücksicht auf die eigene Erwerbstätigkeit. Daher wird es Zeit, der Regierung dieses Versäumnis vor Augen zu führen und über den Wert dieser Arbeit zu sprechen.

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Der 13. März 2020 brachte mein bis dato wirtschaftlich gefestigtes Leben als Alleinerziehende und Selbständige ins Wanken. Denn mit dem Beschluss der Schul- und Kita-Schließungen wurde ich meiner Arbeitsstunden für meine Erwerbsarbeit beraubt. Und das ungefragt, ohne eine Bewerbung meinerseits und das alles von jetzt auf gleich!

Schulpflicht und Rechtsanspruch auf Kita-Platz

Dabei herrscht in Deutschland Schulpflicht und ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Mit der Schließung der Schulen und Kitas hat sich die Regierung innerhalb eines Tages aus seiner Mitverantwortung für die Kinder rausgenommen, die sie per Gesetz inne hat.

Laut Artikel 7 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland darf die Regierung den privaten Schulbetrieb zwar erlauben, aber NICHT, wenn die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Lehrkraft nicht genug gesichert ist!

Artikel 7 des Grundgesetzes (GG) in voller Länge bei Wikipedia

Ja und wer, wenn nicht ich, ist denn jetzt gerade die Lehrkraft für meinen Sohn im Home-Schooling?

Home-Schooling statt Home-Office

Statt an Aufträgen zu arbeiten, erkläre und kontrolliere ich nun Schularbeiten und beschäftige zeitgleich meine Tochter im Kita-Alter, damit sich mein Sohn konzentrieren kann. An meine eigene Erwerbstätigkeit ist bei diesem Pensum parallel nicht zu denken.

Denn Home-Office mit Kindern ist wie aktuell fälschlicherweise angenommen keine echte Arbeitsalternative. Das weiß ich seit 7 Jahren. Seitdem arbeite ich im Home-Office und liebe diese Art zu arbeiten. Aber mit Kindern in der Wohnung liegt die Effektivität und Produktivität im Vergleich zu normalen Tagen im Home-Office bei maximal 10%.

Mütter und Alleinerziehende sind in Krisenzeiten stets zur Stelle und packen mit an und das obwohl ihr Wert abseits der Erwerbsarbeit offiziell Null ist.

Staatsdienerin statt Selbständige

Ich bin nun also rund um die Uhr die einzige Betreuungsperson für meine Kinder und gleichzeitig noch ihre Lehrerin und Erzieherin. Und das ohne Ruhepausen, Erholungsphasen und in psychologisch schwierigen Zeiten. Ich wurde für diesen Job von der Regierung schlicht „zwangsrekrutiert“ und bin somit zu einer Staatsdienerin geworden.

Denn zur Eindämmung der Corona-Epidemie bin ich eine wichtige Schlüsselfigur zum Wohle der Gesellschaft, der Wirtschaft und des Gesundheitssystems geworden.

Und ich rede hier ganz bewusst von einem Job, einem Staatsdienst, der einen entsprechenden Wert hat! Denn bei mir sind durch die staatlichen Beschlüsse keine Arbeitszeiten frei geworden. Nein! Ich arbeite aktuell sogar mehr als sonst, aber nur noch zu einem geringen Anteil bezahlt.

Wie war das doch gleich mit Angebot und Nachfrage?

Aktuell besteht seitens der Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein sehr großes Interesse, dass wir Mütter und betreuenden Väter die Kinderbetreuung komplett übernehmen.

Denn alternative Betreuungsmöglichkeiten in Form von Großeltern, Bekannten, Nachbarn, Tagesmüttern oder Babysittern sind durch das auferlegte Kontaktverbot nicht mehr möglich.

Wir können also keine Kinderbetreuung einkaufen, um der Erwerbsarbeit nachzugehen. Der Staat möchte, dass WIR diesen Job erledigen. Somit besteht eine große Nachfrage nach unserer Qualifikation und es gibt kein alternatives Angebot. Diese Tatsache lässt in der freien Marktwirtschaft den Wert normalerweise steigen!

Wie viel ist dem Staat dieser Job wert?

Ich frage mich, wo geschrieben steht, dass ich als Mutter jederzeit unbezahlt als staatlicher Notnagel herhalten muss? Während alle anderen sich aus der Verantwortung für die zukünftigen Steuerzahler / Kinder herausnehmen dürfen und sogar noch Gelder für nicht erbrachte Leistungen beziehen können!

Hier mein Aufruf an alle: Fordert die Kosten für Kita, Schule, Hort oder Tagespflege bei den Bürgermeister*innen bzw. dem Träger für die Zeit der Schließungen zurück!

Hartz4, ALG II und Notfall-Kinderzuschlag

Sieht so eine entsprechende Bezahlung meiner Leistungen aus? Mit Sicherheit nicht! Denn Grundsicherungen in Form von Hartz4 bzw. ALG II und dem Notfall-Kinderzuschlag greifen nämlich erst, wenn ich entsprechend bedürftig bin und wirtschaftlich am Boden liege.

Das ist KEINE Bezahlung meiner Arbeitsstunden, die ich aktuell für den Staat erbringe. Wenn doch, dann müsste das im Umkehrschluss bedeuten, dass auch alle anderen Staatsdiener wie Beamte, Politiker, Polizisten etc. erst Geld bekommen, wenn sie keins mehr auf dem Konto haben, oder? Sie stehen im Dienste des Staates und ich durch den Beschluss der Regierung ebenfalls.

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Hat Erziehungsarbeit keinen Wert?

Wenn ich den Gedanken weiterspinne, dann komme ich sogar zu dem Schluss, dass der Staat durch die Unterlassung einer entsprechenden Leistungsvergütung auch die Gehälter und Leistungen von Lehrer*innen, Erzieher*innen, Tagesmüttern, Babysitter etc. entwertet.

Denn diese Arbeit scheint ja nichts wert zu sein, wenn wir sie noch neben unserer eigenen Erwerbstätigkeit problemlos mit erledigen können.

Wir leben nicht mehr 1950

Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen, wir leben nicht mehr in den 1950er Jahren! Frauen sind heute dazu angehalten ihr eigenes Geld zu verdienen. (Ehe-)Partner sind keine Altersvorsorge mehr. Das wurde auch politisch z.B durch die Änderung des Unterhaltsrechts untermauert.

Das Unterhaltsrecht seit 2008

Der Staat hat 2008 beschlossen, dass Frauen nach einer Trennung finanziell so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen sollen. Nacheheliche Unterhaltsansprüche gelten fast nur noch, wenn kleine Kinder bis zu drei Jahren zu betreuen sind.

Und genau deshalb verdiene ich nicht nur ein bisschen dazu oder verlasse mich auf das Geld eines (nicht vorhandenen) Lebenspartners.

Frauen sollen wirtschaftlich eigenständig sein, aber wenn der Staat sie braucht, sind sie plötzlich nichts mehr wert? 

Das Heimchen am Herd 2020

Mal ganz im Ernst: Seit dem Aufbau Deutschlands durch die Trümmerfrauen vor 70 Jahren fällt uns immer noch nichts Besseres ein, als Frauen für ihre systemstützende Arbeit nicht zu entlohnen?

Und das obwohl einige Staatskassen scheinbar übervoll sind? So wurde am 20.03.2020 in der Tagesschau verkündet, dass die Renten 2020 kräftig ansteigen!

Aber wir Mütter werden jetzt finanziell nur aufgefangen von großzügigen Arbeitgebern, Lohnfortzahlungen in Höhe des Arbeitslosengeldes I (obwohl wir nicht arbeitslos sind!) oder dem Gehalt des Lebenspartners – wenn es denn einen gibt. Aber wieso wird diese staatlich verteilte und wichtige Arbeit nicht einfach bezahlt, wie jeder andere Job auch? Das würde aktuell viele Problem lösen!

Wir kosten Geld

Frauen, Mütter und vor allem Alleinerziehende sind heute nicht mehr nur schmückendes Beiwerk, sondern eine eigene Wirtschaftskraft und können die Care-Arbeit nicht einfach so 24 Stunden am Tag auf unbestimmte Zeit unentgeltlich leisten. Wir haben selbst laufende Kosten u.a. für Miete, Haushalt, Lebensmittel, Kleidung, Kinder, Altersvorsorge, Versicherungen, Gesundheit etc. zu tragen.

Daher betrachte ich die aktuelle Situation nicht durch das verklärte rosarote Bild des Mutter-Seins. Ich ziehe mir auch nicht den „Selbst-Schuld“-Schuh an, nur weil ich Kinder bekommen habe und somit das Rentensystem auch in der nächsten Generation stütze.

Unser Wert in echten Zahlen

Aus diesem Grund habe ich mir selbst einmal vor Augen geführt, wie viel meine Arbeitszeit wert ist, die für die Arbeit Home-Schooling und Zusatz-Kinderbetreuung drauf geht:

Pro Werktag sind es 3 Stunden Arbeitszeit. Mein Stundenlohn liegt bei 65 Euro/h.

3 Stunden x 5 Wochentage x 65 Euro/h
= 975 Euro pro Woche!

So viel ist meine Arbeitskraft wert. So wertvoll sind die von mir geleisteten Arbeitsstunden!

Rechne dir selbst einmal aus, wie viel du wert bist. Führe dir diese Zahl einmal vor Augen. Das ist doch nicht Nichts, oder?

Eine Rechnung an die Regierung

Und genau deshalb möchte ich ein Zeichen setzen für den Wert unserer Arbeit. Deshalb werde ich meine Arbeitszeit der Landesregierung in Rechnung stellen. Denn wer Arbeit verteilt, muss sie meiner Meinung nach auch zahlen und somit nach dem Artikel 7 des Grundgesetzes handeln!

Wenn du ebenso ein Zeichen für den Wert deiner Arbeit setzen möchtest, dann folge meinem Beispiel und stelle deiner Landesregierung deine Arbeitsstunden in Rechnung:

Einen Rechnungsvordruck (PDF) bekommst du hier.

Für Schulkinder wendest du dich am besten an den/die Kultusminister*in deines Bundeslandes.

Für Kinder in Kita und Tagespflege sind die Landesarbeitsminister*innen eine gute Adresse.

Update am 17.4.2020:
Die Antwort auf meine Rechnung an den Kultusminister findest du in dieser Podcast-Folge. Ebenfalls mit dabei ist eine Möglichkeit den Verdienstausfall infolge der Schul- und Kitaschließungen ersetzt zu bekommen. Hör gleich mal rein: „Corona: Finanzielle Misere für Alleinerziehende

Denn eins ist klar: Es wird sich nichts ändern, wenn wir still darauf warten, dass irgendwer das Wort für uns ergreift und unseren Wert beziffert. Das können nur wir selbst.

#CoronaElternRechnenAb

Update am 11.5.2020:
Ich freue mich sehr, dass Karin HartmannSonja Lehnert und Rona Duwe von der Seite Phoenix-Frauen die Aktion #CoronaElternRechnenAb ins Leben gerufen haben mit dem Inhalt die Care-Arbeit in der Corona-Krise ebenfalls in Rechnung zu stellen. Den Beitrag dazu findest du hier:
#CoronaElternRechnenAb – Carearbeit in der Coronakrise in Rechnung stellen

Wenn Corona zur persönlichen Krise wird

Was bleibt uns, wenn die Krise vorbei ist? Vermutlich ein großer Schuldenberg und das Gefühl, versagt zu haben, wenn wir nicht merken, dass die an uns gestellten Aufgaben unmenschlich sind! Erwerbsarbeit, Home-Schooling und Kinderbetreuung 24h/Tag sind nicht vereinbar. Bei dieser Rechnung wurde der Faktor „Kind“ einfach unter den Tisch fallen gelassen und der Wert der Betreuung gleich mit.

Einen sehr guten Artikel dazu findest du im Tagesspiegel: „Homeoffice und Sorgearbeit in der Coronakrise Spagat auf Kosten der Kümmerer“ von Uta Kletzing

Meine Gedanken zum Home-Office mit Kindern aus den letzten Sommerferien findest du hier: „Das Märchen der mühelosen Mutterschaft“.

Wie soll man da die eigene Gesundheit und die der Kinder bestmöglich erhalten, wenn DURCH die Regierungsbeschlüsse plötzlich die eigene Existenz auf dem Spiel steht? Denn Angst vor Armut macht krank und löst großen mentalen Stress aus.

Und wer weiß wie lange die Corona-Krise noch andauern wird und ab wann Schulen und Kitas wieder geöffnet haben? Viele mutmaßen schon, dass die Schließungen bis zu den Sommerferien anhalten könnten. Wie soll ich da meiner Erwerbsarbeit nachgehen? Denn ohne Kinderbetreuung ist das nicht möglich.

Ja, diese Krise wird viele Menschen wirtschaftlich umhauen. Da heißt es sich beruflich neu zu positionieren und neue Möglichkeiten zu ergreifen. Aber ich kann mich als Mutter nicht umpositionieren. Ich werde immer die Mutter meiner Kinder bleiben und wenn Betreuungsmöglichkeiten wegfallen, dann fehlt mir IMMER die Basis für meine Erwerbsarbeit.

Also zier dich nicht, lieber Staat. Vergiss nicht, dass unsere Arbeit etwas wert ist. Denn sonst könnte es passieren, dass Frauen zukünftig vergessen, wie man Kinder bekommt …

Update November 2022: Rückblickend war das Home-Schooling Fluch und Segen. Wieso? Das erfährst du im Blogbeitrag: „Was macht die Schule?“

Hör rein in den Podcast zum Wert unserer Arbeit (Offener Brief an die Regierung)

Wenn du mitunterzeichnen oder den Offenen Brief teilen möchtest, findest du ihn und alle weiteren Informationen hier: „Offener Brief an die Regierung zur Corona-Krise“

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Silke Wildner

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  • Liebe Silke,
    großartig geschrieben und schlüssig begründet.
    Dass die Hilfen für Familien nur greifen, wenn man bedürftig ist, war mir noch gar nicht klar.

    Und ja, Du hast vollkommen recht!
    Bei mir war es vor Corona schon schwierig meine Selbständigkeit ohne Hortplatz für die Kinder in den sehr überschaubaren Zeitfenstern zu mangen.
    Aktuell mit Mann im Home Office ist es wirklich das Mutter-Sein und der Bildungsauftrag die zum 24 Stunden Job werden.
    Glücklicherweise sind meine Kinder schon größer und schlafen nachts durch....

    Wir könnten ja nachts ungestört arbeiten, nicht wahr?!

    Dir alles Liebe,
    behalte trotz allem die Nerven und Deinen Kampfgeist
    Simone

    • Liebe Simone, ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir mein Beitrag für die Mütter und natürlich auch kinderbetreuenden Väter, die aktuell in den Medien nicht erwähnt werden - aber rund um die Uhr arbeiten, gefällt. Das mit der Nachtarbeit musste ich für mich aber auch ad acta legen. Nach einem ganzen Tag arbeiten, fallen mir mittlerweile mit den Kindern zusammen die Augen zu. Von Netflix leergucken bin ich meilenweit entfernt. Daher hoffen wir mal, dass das auch nur eine Phase ist ;)
      Liebe Grüße, Silke

  • Als ich deinen Bericht gelesen habe, merkte ich immer mehr die Wut in mir aufsteigen. Ich bin selber Alleinerziehend und ich arbeite zudem auch noch 34 Stunden die Woche.
    Erst war ich sauer darüber das deine Aussagen, nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Als Alleinerziehende, die Erwerbstätig ist hast du ein Anrecht auf die Notgruppen in Kitas und Schulen gehabt, also warum hast du diese nicht genutzt?!?!?
    Dann bin ich selber in einem Kindergarten tätig und ich war seid der Schließung trotzdem da, habe Kinder in der Notbetreuung aufgenommen, die ständigen Fachempfehlungen und Gesetze gelesen, Kontakt zu den Kinder und Familien gehalten (Pakete für die Kinder mit Materialien, mit Eltern lange telefoniert und noch vieles mehr), am Samstag sogar lange mit meinem Träger telefoniert, um das weitere Vorgehen zubesprechen. Ich habe wenn man es genau nimmt aus meinen 34 Stunden in der Woche 39 Stunden in der Woche machen müssen. Und habe also Zeit mit meinem Kind reduzieren müssen und dann kommst du daher und beschwerst dich über die zu viele Zeit mit deinen Kindern und behauptest das ich fürs „nichts tun“ weiterhin Geld bekommen habe!!! Wäre es dir so wichtig gewesen zu arbeiten, hättest du dich ja besser informieren können. Und warum hast du Zeit deine Arbeitsstunden, die du dem Staat in Rechnung stellen willst auszurechnen aber sagst du schaffst deine Arbeit nicht?
    Im KibiZ steht ganz klar, dass die Pädagogen im Kindergarten, nicht dafür da sind die komplette Erziehung und Bildung zu übernehmen. Wir sind da um die Eltern zu unterstützen!!!!! Hast du mal darüber nachgedacht?
    Und ist dir klar das du zu Hause sitzt und deine Arbeit machst und das Risiko zu erkranken geringer ist? Wir hatten jeden Tag Menschen um uns herum, wir gehen jeden Tag ein höheres Risiko ein als du.
    Und ja ich bin fest der Meinung, wenn man Kinder bekommt, dann gehört es dazu in solchen Situationen sich selber um seine Kinder kümmern zu müssen! Es ist nicht die Aufgabe des Staates, in erster Linie ist es deine Aufgabe und der Staat unterstützt einen aber das momentan ist keine normale Situation!!!!!
    In diesem Sinne rate ich dir das du noch mal darüber nach denkst, was du geschrieben hast und informierst dich nochmal!!!!

    • Liebe Rebecca.
      Du schreibst davon, dass ich mich informieren sollte, bevor ich darüber verzweifle, dass Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Erwerbsarbeit für mich nicht - und auch vielen anderen Eltern - zusammenpasst. Leider hast du dich im Vorfeld zu deinem Kommentar nicht gut informiert, denn in vielen Bundesländern waren die Notbetreuungsgruppen nämlich NICHT für Kinder Alleinerziehender geöffnet. Selbst Alleinerziehende in systemrelevanten Berufen wurden in der ersten Fassung der Verordnung von der Notbetreuung ausgeschlossen, wenn sie gemeinsames Sorgerecht mit dem zweiten Elternteil haben - egal wie weit dieser sich an der gemeinsamen Sorge beteiligt.

      Als dann stückweise die Notbetreuung für Alleinerziehende geöffnet wurde und auch das alleinige Sorgerecht als Grundvoraussetzung gestrichen wurde, stellten sich immer noch Kitas und Schulen auf eigene Faust quer und verweigerten die Betreuung. Plötzlich gehören Alleinerziehende trotz anders lautender gesetzlicher Definition wieder dem 2-Eltern-Modell an. Dabei wird der Druck aber nur einseitig erhöht und das Sorgerecht und seine Pflichten bleiben davon unberührt.

      Weiterhin schreibst du von der gesundheitlichen Gefahr, der du dich ausgesetzt hast in der Notbetreuung. In dieser Corona-Krise wird gerade deutlich, dass wir es nicht nur mit der gesundheitlichen Gefahr durch ein Virus zu tun haben, sondern auch die Einschränkungen für viele eine gesundheitliche Gefahr sind. Ich persönlich kenne 3 Suizide aus wirtschaftlichen Gründen im eigenen Umfeld - aber keinen Corona-Toten durch den Virus. Denn die Angst vor Armut ist mit die größte Angst und ist noch vor der Angst vor Krankheit angesiedelt. (Quelle: Think and Grow Rich)

      Wenn ich nun also Zuhause bin und meiner Erwerbstätigkeit nicht richtig nachgehen kann, weil meine Kinder mich ständig aus der Konzentration reißen (das liegt in der kindlichen Natur) und meine Energie pro Tag nun mal endlich ist (auch das ist bei Menschen so), ich also auf unbestimmte Zeit keine Grundlage für meine Erwerbsarbeit habe, aber eine Notwendigkeit diese Auszuüben, um unser Leben finanzieren zu können, dann darf ich meine Meinung dazu auf meinem Blog kund tun!

      Weiterhin möchte ich noch anmerken, dass es gesetzlich verankert ist, dass Eltern und Familien unter einem besonderen Schutz des Staates stehen: Siehe Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_6_des_Grundgesetzes_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland
      (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
      (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

      Das sind die Voraussetzungen, unter denen ich Kinder bekommen habe. Nicht um als gesellschaftlicher und politischer Notnagel jederzeit in Anspruch genommen zu werden und auf den Kosten sitzen zu bleiben. Diesen Schutz vermisse ich und sehe ihn auch nicht. Der Staat hat mich zu keinem Zeitpunkt unterstützt. Ich habe keinen Cent aus irgendeinem Hilfspaket erhalten. Mir wurden im Gegenteil nur Steine in den Weg gelegt und ich musste mich noch zusätzlich durch bürokratische Formulare und Gesetzgebungen arbeiten, um dann zu merken, dass ich einzig und allein auf mich selbst gestellt bin und zusehen muss, wie ich mein Geld verdiene.

      Es freut mich natürlich zu lesen, dass du dich über deine berufliche Verpflichtung hinaus für die Eltern und Kinder eingesetzt hast. Das ist sehr löblich. Leider gilt das nicht für alle deine Kolleginnen und Kollegen. Denn hier kam sowohl von Schule - als auch von Kindergarten - nur Schweigen. Die Hausaufgaben vermittelt uns die Elternsprecherin der Klasse - nicht die Klassenlehrerin. Der Kindergarten hat sich gar nicht gerührt in der Zeit. Keine Angebote, keine Kontaktmöglichkeit, nichts.

      So hat halt jeder seine Meinung. Und wenn dir nicht gefällt, was du auf meinem Blog liest, dann musst du das auch nicht machen.
      Liebe Grüße, Silke

  • Guten Tag Silke, durch Zufall habe ich Deinen Blog gelesen. Vieles kann ich nachvollziehen....anderes nicht. Meine Töchter sind mittlerweile erwachsen und aktuell bin ich nicht betroffen, versuche mir aber vorzustellen, wie es mir heute gehen würde, denn ich war damals auch alleinerziehend..

    Mich würde interessieren, was genau Du Dir vom Staat/Bundesland, über finanzielle Unterstützung hinaus, wünschst?
    Da du ja mitten drin steckst, hast Du bestimmt Lösungsvorschläge, wie man Alleinerziehende Frauen und Frauen generell ins dieser Zeit unterstützen kann.
    Vielleicht haben auch Deine LeserInnen Vorschläge, auch die würden mich interessieren. Schreibt mir gerne an sillin@web.de
    Freu mich auf Deine Antwort. Silke F.

    • Liebe Silke.
      Herzlichen Dank für deinen Kommentar und die Frage, was Alleinerziehenden und Müttern aktuell helfen würde. Meine persönliche Liste dazu ist lang ;) Denn ich kann nicht verstehen, warum wir hier gerade den Ausverkauf der Familien praktizieren. Erst werden wir von jetzt auf gleich (Freitag auf Montag) mit Schul- und Kitaschließungen konfrontiert, dann verschleppt sich die richtige Öffnung immer weiter bis - wie jetzt gemunkelt wird - in das kommende Schuljahr hinein. Die fehlende Kinderbetreuung bringt Eltern an den Rand der Belastbarkeit und bringt sie vor dem Arbeitgeber in Zugzwang - denn gute Konzepte für Eltern fehlen oft. Darüber hinaus wurde man zu Beginn der Corona-Krise mit kleinen Kindern in der Öffentlichkeit angestarrt, als würde man die Pest einschleppen. Es war irrsinnig und ist es leider immer noch. Denn plötzlich sprießen die absurdesten Regeln aus dem Boden - zu einem Zeitpunkt, wo die Pandemie laut vieler Mediziner vorbei sein soll. Auf dem Erdbeerfeld heißt es: 1 Erwachsener und 1 Kind. Ja und was machen da die Alleinerziehenden mit 2 und mehr Kindern? Aufsichtspflicht verletzen für ein paar Erdbeeren? Auch in vielen Läden werden Kinder nicht mehr gerne gesehen - trotz neuerer Studien, dass von Kindern unter 10 Jahre die geringste Gefahr ausgeht. In hessischen Schulen gilt keine Maskenpflicht, aber die Direktorin unserer Schule lässt die Kinder getrennt voneinander auf dem Schulhof aufstellen mit Maske im Gesicht. Und da stehen die teilweise 10 Minuten in der prallen Sonne und dürfen laut Hygieneplan noch nicht mal Trinken mit dabei haben. Kindliche Freude beim Wiedersehen nach vielen Wochen: Fehlanzeige. Das zerreißt mir gerade das Herz. Wie kann man Kindern so etwas antun? Ich könnte jetzt noch viel mehr erzählen. Es wird hierzu definitiv noch eine Podcast-Folge geben mit weiteren Ideen und Infos, was Eltern und Alleinerziehenden jetzt wirklich helfen würde und mit welchen absurden Regeln wir täglich neu konfrontiert werden. Als hätten wir das schlimmste noch vor uns...

      Wenn du diesen Blog abonnierst, dann bekommst du auf jeden Fall mit, wann die Podcast-Folge hierzu rauskommt.
      Liebe Grüße
      Silke

  • Liebe Silke,

    Vielen Dank für Deinen wichtigen Beitrag und die Überlegungen aus diesem Eintrag!
    Weiter so, wir müssen zum, was wir können.

    Leider ist dies der zweite Eintrag, bei dem ich die Kommentare nicht lesen kann. (Der andere war der von 24.10.20). Sie werden einfach nicht angezeigt. Vielleicht liegt es an meinen duckduckgo-Browser, vielleicht hast Du aber auch über Deine Blog-Settings Einfluss.
    Ich wäre jedenfalls daran interessiert, die Kommentare zu lesen.

    Mit herzlichem Gruß,
    Yvonne Liebig

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